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ÜBER DIESES PROJEKT

Unsere beiden AudioWalks nehmen Sie mit auf eine Reise durch das jüdische Czernowitz und Chişinău und ermöglichen Ihnen, viele der fast vergessenen Orte des jüdischen Lebens in den Städten zu entdecken.

Nutzen Sie unsere Multimedia-Karten und erkunden Sie dabei das Archivmaterial sowie die Familienbilder und persönlichen Geschichten von 21 jüdischen Holocaust-Überlebenden, um einen einzigartigen Einblick in das vielfältige jüdische Erbe dieser beiden europäischen Städte zu erhalten.

Gleizer Shil heute
Gleizer Shil heute

Gleizer Shil

Element 340
Strada Habad Liubavici 8
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Früher gab es in Chişinău über 60 Synagogen, die vom regen jüdischen Leben der Stadt zeugten. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlaubten die sowjetischen Behörden den Überlebenden der Shoah lediglich die Nutzung eines einzigen religiösen Raums: der Gleizer Shil, der ehemaligen Synagoge der Glaser und Buchbinder. Bis heute ist die Synagoge ein Zentrum religiösen Lebens in Chişinău.
Das zweigeschossige Gebäude war 1888 erbaut worden. Es wurde seither mehrfach umgebaut, behielt aber seine ursprüngliche Erscheinungsform weitgehend bei. Auch den Krieg hat das Gebäude unbeschadet überstanden. Das Innere der Synagoge dominiert ein großer Predigtraum mit Frauenempore an drei Seiten und einer Kassettendecke aus Holz.

Neben den großen Synagogen, die allen Gläubigen offenstanden, gab es in Chișinău zahlreiche kleinere Synagogen und Gebetsräume, die von Zünften unterhalten wurden, darunter eine Synagoge der Schneider, der Ledergerber, der Metzger, der Schuhmacher – und eben der Glaser und Buchbinder. Sie prägten bis 1940 das Leben der jüdischen Bevölkerung. So auch das der Familie von Ida Voliovich, geboren 1920 in Chişinău:

Die Synagoge der Metzger befand sich in der Izmailskaja-Straße, wohin Großvater Kelman ging, nicht weit von der Wohnung der Familie meiner Mutter entfernt, so dass mein Vater meine Mutter vielleicht in der Synagoge kennengelernt hat. Mein Großvater und meine Großmutter besuchten die Synagoge und lebten nach jüdischen Traditionen, folgten den jüdischen Speisegesetzen und feierten den Sabbat. Bei meinem Großvater ging das Geschäft jedoch vor, so dass die Familie es nicht als Sünde betrachtete, am Samstag Fleisch an ihre Kunden zu verkaufen.

Auch Zakhar Benderskiy, 1912 in Chişinău geboren, erinnert sich in einem Centropa-Interview an das religiöse Leben vor dem Zweiten Weltkrieg:

Die Familie meines Vaters war religiös. Es gab mehrere Synagogen in Chișinău. Die Bevölkerung war multinational, bestehend aus Moldawiern, Rumänen, Russen und Juden, die etwa ein Viertel der Bevölkerung ausmachten. Sie sprachen Jiddisch, Russisch und Rumänisch. Es gab ein jüdisches Theater, ein jüdisches Gymnasium und jüdische Sekundarschulen. All diese Einrichtungen wurden nach 1940 geschlossen, als die sowjetische Armee in Bessarabien einmarschierte […]. Mein Großvater und seine Söhne gingen in die große Synagoge nicht weit von ihrem Haus. Sie feierten den Sabbat und alle jüdischen Feiertage. Mein Großvater trug gewöhnliche Kleidung. Er hatte einen Bart und trug eine Kippa. Bevor er das Haus verließ, setzte er seinen Hut auf.

In der Gleizer Shil hat sich seit 1990 die orthodoxe Gemeinde Chabad Chassidim niedergelassen. Ihr zu Ehren wurde die Seitenstraße, in der die Synagoge liegt, in den 1990er Jahren in Chabad Lubavitch Straße umbenannt. Die Gleizer Shil ist heute eine von drei aktiven öffentlichen Synagogen in der Stadt.

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