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ÜBER DIESES PROJEKT

Unsere beiden AudioWalks nehmen Sie mit auf eine Reise durch das jüdische Czernowitz und Chişinău und ermöglichen Ihnen, viele der fast vergessenen Orte des jüdischen Lebens in den Städten zu entdecken.

Nutzen Sie unsere Multimedia-Karten und erkunden Sie dabei das Archivmaterial sowie die Familienbilder und persönlichen Geschichten von 21 jüdischen Holocaust-Überlebenden, um einen einzigartigen Einblick in das vielfältige jüdische Erbe dieser beiden europäischen Städte zu erhalten..

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Jüdische Kultur und Bildung

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Kultur und Bildung spielten in der jüdischen Gemeinde des multikulturellen Czernowitz vor allem zu Habsburgerzeiten eine wichtige Rolle, und wie auch in Wien besaß Czernowitz eine florierende Kaffeehaus-Kultur. In Kaffeehäusern wie dem Café de l´Europe – heute befindet sich dort das beliebte Restaurant Panska Huralnya – wurde damals das kulturelle Leben der Stadt mitgeprägt. Dieses und andere bekannte Kaffeehäuser befanden sich auf der Herrengasse (heute Ol’ha Kobyljans’ka Straße), die auch heutzutage zum Flanieren einlädt.

Die deutsche Sprache dominierte als Amtssprache den Alltag und wurde von der Mehrheit verwendet. Auch weite Teile des jüdischen Bürgertums identifizierten sich stark mit der deutsch-österreichischen Kultur. Am Ende des 19. Jahrhunderts stellten jüdische Kinder die Mehrheit am deutschen Gymnasium von Czernowitz, die meisten jüdischen Kinder besuchten staatliche deutschsprachige Schulen, jüdische Zeitungen und Zeitschriften erschienen in der Regel auf Deutsch. Zentrale Akteure des deutschsprachigen Bildungsbürgertums waren Juden, und auch viele Professoren an der 1875 gegründeten Franz-Josephs-Universität waren jüdisch.

Eine erste staatlich anerkannte jüdische Schule existierte in Czernowitz seit 1855, 1908 entstand in direkter Nähe das jüdische Nationalhaus am heutigen Theaterplatz. Die weltweit erste Konferenz für die jiddische Sprache fand ebenfalls 1908 in Czernowitz statt.

Mit dem Erstarken der zionistischen Bewegung einherging die Gründung von jüdischen Kultur- und Bildungsvereinen. Der Verein Safah Ivriah setzte sich für die Verbreitung des Hebräischen ein, das Kultur- und Bildungszentrum „Toynbee-Halle“ stand der zionistischen Bewegung nahe und das Morgenroit Kulturzentrum der Sozialdemokratischen Partei. Auch nach dem Zerfall der Habsburger Monarchie, als Czernowitz in der Zwischenkriegszeit zum Königreich Rumänien gehörte, blieb Czernowitz eine Stadt der vielen Sprachen, woran sich Iosif Bursuk, der 1931 in Czernowitz geboren wurde und hier aufgewachsen war, im Centropa-Interview gut erinnert:

Vor dem Krieg gab es in allen Läden ein Schild mit der Aufschrift „Hier darf nur Rumänisch gesprochen werden“. Also sprachen wir zu Hause Jiddisch, auf der Straße Deutsch und in der Schule Rumänisch. Ich erinnere mich an all diese Sprachen.

Von besonderer Bedeutung für die jüdische Kultur in Czernowitz war das jüdische Theater. Nochmals Iosif Bursuk:

In Czernowitz gab es ein jüdisches Theater. 1937, als ich sechs Jahre alt war, nahmen mich meine Eltern mit zu einem Konzert von Sidi Tal, einer schönen jüdischen Sängerin. Sie sang jiddische Volkslieder. Sie arbeitete an der Philharmonie in Czernowitz. Ich habe ihr später viele Male zugehört, aber ich werde mich für immer an dieses erste Konzert erinnern. Meine Eltern nahmen uns zu allen Vorstellungen im jüdischen Theater mit. Ich erinnere mich an Purim und den überwältigenden Karneval, an dem die ganze Stadt beteiligt war. Verkleidete Menschen kamen zu den Häusern und es gab Aufführungen des jüdischen Theaters auf den Plätzen der Stadt, an denen die gesamte Bevölkerung teilnahm.

Auch die 1929 geborene Melitta Seiler erinnert sich in ihrem Interview mit Centropa an das jüdische Theater und an Kinobesuche im Czernowitz ihrer Kindheit:

Als ich klein war, bin ich ins jüdische Theater gegangen. Es war ein großes Ereignis, eine sehr berühmte jiddische Künstlerin, Sidi Tal, sollte auftreten und singen. Meine Mutter hat uns Mädchen mitgenommen, um sie zu sehen. Sie brachte uns auch ins Kino. Wir haben nie einen Film mit Shirley Temple verpasst. Nachdem die Russen gekommen waren, war es obligatorisch, mit der Schule russische Stücke zu sehen, besonders Lev Tolstoy. Ich habe auch sie genossen.

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Historisches Bild des ehemaligen Sportplatzes "Makkabi"

Ehemaliger Sportplatz Makkabi

Theo hat seit seinem 10. Lebensjahr bei der Maccabi Fußball gespielt. Die Fußballmannschaft ist sogar nach Bukarest gefahren und hat gegen Maccabi Bukarest gespielt. – Sylvia Segenreich

Das Gebäude der früheren Jüdischen Grundschule heute

Jüdische Volksschule

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts konnten jüdische Kinder in Czernowitz nur illegale Religionsschulen besuchen. Nach einer Reform der öffentlichen Bildung wurde 1855 die jüdische Grundschule eröffnet.

Safah Ivriah Kultur- und Bildungszentrum

Safah Ivriah war vor dem Zweiten Weltkrieg eine der wichtigsten Institutionen von Czernowitz, um die hebräische Sprache zu fördern. Zu ihren Schülern gehörten der berühmte Dichter Paul Celan und Centropas Interviewpartner Bruno Bittmann.

Morgenroit Kulturhaus

„Morgenroit“ war eine Organisation von „Bund“, ein jüdischer Zweig der Sozialdemokratischen Partei, die 1908 das Morgenroit Cultural House als Bildungs- und Kulturzentrum für jüdische Arbeiter gründete.

Jüdisches Nationalhaus

Dieses beeindruckende Gebäude wurde 1908 eröffnet und wurde bald zur Heimat der jüdischen Gemeinde und der jüdischen Institutionen in Czernowitz. Heute befindet sich hier auch das Museum für jüdische Geschichte und Kultur der Bukowina in Chernivtsi, der Ausgangspunkt dieses AudioWalks.